Freitag, 20. April 2012

Leben von bereits ausgegebenem Geld - Wirklichkeit in Tübingen

Mein Name ist Martin S.. Ich bin oder besser war von Beruf Unternehmensberater und Makler.
Leider haben mich einige Forderungsausfälle – so nennt man Menschen, die einen beschissen haben auf Amtsdeutsch – in eine schwere Notlage gebracht.
Aber wir haben ja eine ausgezeichnete soziale Hängematte, wie es unser Vizekanzler so schön festgestellt hat. Ich freute mich schon darauf mich dort breit zu machen. - Aber - die ließen mich nicht.
Ein Mann Namens Reinlich, vom Jobcenter Tübingen hatte was dagegen. Er entwarf kreative Berechnungsmöglichkeiten, die zwar weit weg von seinen eigentlich bindenden fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit waren, mich aber immer unter dem Existenzminimum hielten. Auch dem Sozialgericht konnte ich nicht glaubhaft machen, dass ich hilfebedürftig bin. Dafür sorgte Herr Reinlich durch Halbwahrheiten bis hin zu Unwahrheiten. Naja, was soll man mit dem Namen Makler in der Berufsbezeichnung auch erwarten – sicher keine Glaubwürdigkeit.
Nach den Berechnungen des Herrn Rein und des Gerichtes habe ich zu Unrecht Geld ausgegeben als ich noch nicht hilfebedürftig war. Weil es zu Unrecht ausgegeben war, wurde es mir als Ausgabe nicht abgezogen und stand somit noch zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung.
Nun musste ich von Geld leben, das ich bereits der KSK als Tilgung überwiesen habe oder mit dem ich mir Zugang zum Teileauto erkauft habe, weil ich ja dank Jobcenter mein Auto verkaufen muss.
Zuerst versuchte ich es bei Lidl. Ich kam an die Kasse und legte der Verkäuferin meinen Überweisungsscheine und den Beschluss des Sozialgerichts vor. Ungläubiges Staunen war die Antwort. Sofort wurde der Filialleiter herbeigeholt. Aber auch bei Ihm – ungläubiges Staunen. Ein Anruf beim Bezirksleiter brachte uns auch nicht weiter. In der Lidl Zentrale liefen die Menschen zusammen und berieten sich.
Wenn ein deutsches Gericht es für richtig hält, jemanden von bereits ausgegebenem Geld leben zu lassen, dann war es womöglich strafbar, ihm nichts zu verkaufen. Jetzt wurde die Rechtsabteilung eingeschaltet. Die Schlange hinter mir wurde immer länger und ungehaltener. Die Rechtsabteilung beraumte eine Sitzung mit allen Anwälten ein, die sie zur Verfügung hatten. Nach einer Stunde kam die Lösung:
Ein junger aufstrebender studierter Jurist trug vor:
Wenn wir es schaffen straflos unsere Mitarbeiter zu bespitzeln, sie unter Tarif zu bezahlen, sie zu unbezahlter Mehrarbeit zu bewegen, dann können wir auch diesen Einkauf ablehnen. Bis dieser kleine Wurm – da meint er mich – von wegen klein -gegen uns alle geklagt hat, ist er doch verhungert. Er brauchte ja schon für ein Eilverfahren vor dem Sozialgericht 6 Monate und war 6 Monate ohne ausreichende Stütze. Also kein Problem, wir lehnen den Einkauf ab.
Jetzt saß ich wieder vor dem Lidl. Mein Hunger war der Gleiche wie vorher aber irgendwie kam mir in den Sinn, dass diese Richter wohl nicht bei Lidl einkaufen. Oder sie kaufen mit richtigem Geld ein – Steuergeld wie ich es auch haben wollte -.
Was tun, war die Frage?
Einkaufen mit bereits ausgegebenem Geld ist Fehlanzeige. Vielleicht könnte dieser Reinlich vom Jobcenter mir zeigen wie das geht. Gute Idee, ich schreib ihm. Noch bessere Idee - am besten schreibe ich den Richtern direkt und frage sie, wie ich das technisch und tatsächlich bewerkstelligen soll. Vielleicht muss man dazu studiert haben um das zu bewerkstelligen.
Da ging mir ein Licht auf!
Ich hab kein Abitur, deswegen kann ich das nicht. Das ist der Grund warum ich bei Lidl nichts bekam! Auf einmal war es klar zu sehen, ich bin zu Dumm mit bereits ausgegebenem Geld einzukaufen.
Gesagt getan, ich schrieb – was bekam ich da zurückgeschrieben – noch mehr Worte die ohne Abitur gar nicht mehr zu verstehen waren. Aussichtslos. Sätze wie:
„ Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsache-rechts-behelfes ab und erfordert in der Regel eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundene Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht.“ Oder nochmal so ein schöner Satz: „Es ist davon auszugehen, dass er in dieser Zeit Einkünfte erzielt hat und erzielt, zumal er nach dem Vortrag des Beklagten auch keinen Weiterbewilligungsantrag für den Zeitraum ab 01. April 2012 gestellt hat und auch keine Nachweise über seine Einkünfte von Oktober 2011 bis März 2012 (man beachte, das Verfahren startete bereits im November 2011, wo sollte ich da zahlen bis März her haben) dazu vorgelegt habe. Der Kläger hat dann zwar mit Schreiben vom 03.April 2012 erklärt, er habe am 26. März 2012 einen Weitergewährungsantrag gestellt, was bei Abfassung des Schreiben des Beklagten vom 23. März nicht bekannt sein konnte, und Kontounterlagen bis 2. bzw. 10. November 2012 vorgelegt. Dies hat der Beklagte auch inzwischen mitgeteilt.“
Ohne Abitur würde ich sagen, es besteht kein Anordnungsgrund weil keine Unterlagen vorliegen, aber am 03. April wurden diese vorgelegt. Warum weiterhin trotzdem kein Anordnungsgrund besteht versteht man nun wieder nur mit Abitur und Jurastudium.
Also was tun?
Das Jobcenter will mir nicht helfen, das Gericht will mir nicht helfen, unsere Politiker heben immer die Eigeninitiative hervor. Wenn ich mich nicht unwürdig ausnützen lassen will von Leiharbeit und Niedriglohn, wenn ich meinen Kollegen nicht die Arbeit wegen Niedriglohn und Leiharbeit stehlen möchte, muss ich mich selbst um Sozialhilfe kümmern.
Die Idee finde ich super, und das ohne Abitur. Aber wie? Ich schaute mir mal an wie das in Ländern wie den USA, Mexiko oder Lateinamerikas funktioniert. Dort gibt es ja auch nur die privatisierte Sozialhilfe. Und da wurde mir klar. Mach es wie in den USA oder Brasilien.

- Achtung Satire, nicht nachahmen! -

Also was braucht man dazu?
1. Dunkle Funktionskleidung – hab ich schon
2. Eine Sturmhaube zur Verkleidung – ist nicht teuer
3. Einige verschiedene Brecheisen – gibt’s in jedem Baumarkt
4. Einige geeignete Häuser – erkennt man an den Straßennamen
5. Alternativ – eine Waffe – aber ich glaub das ist nichts für mich
Das größte Problem ist aber das Know How zu erlangen. Aber auch da kam mir der rettende Einfall:
Werde ich erwischt, bekomme ich doch einen kostenlosen Aufenthalt in der größten Internatsschule der Bundesrepublik für Schulungen in privater Sozialhilfe. Nämlich einen Gefängnisaufenthalt. Werde ich nicht erwischt kann ich es ja.
Das ist die beste Geschäftsidee für Opfer des Systems. Eine eigene Sozialhilfe aufbauen. Und durch Learning by doing auch sehr effektiv!

Ist das nicht genial?

„Achtung dies war Satire, bitte nicht ernst nehmen – zumindest den allerletzten Teil – das mit dem bereits ausgegebenen Geld ist leider Realität“

Martin S.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

543. Montagsdemo: Montag,...
Wir treffen uns um 18:00 Uhr am Europaplatz beim Cafè...
Montagsdemo Tübingen - 13. Okt, 17:08
Rede vom 03. August 2015...
"Fremdenfeindlichkeit ein Integrations- oder ein soziales...
Montagsdemo Tübingen - 4. Aug, 12:18
Rede vom 20.07.2015 zum...
Seit dem Krisenjahr 2008/2009 zeigt die Europäische...
Montagsdemo Tübingen - 18. Jul, 19:20
Rede vom 13.07.2015 Hart(z)...
Hart „z“ aber herzlich beginnt die Urlaubszeit für...
Montagsdemo Tübingen - 18. Jul, 19:19
Redebeitrag zur 516....
Bericht vom Ostermasch in Stuttgart von Wolfgang Schäfer! Samstag...
Montagsdemo Tübingen - 14. Apr, 12:40
Rosenmontagsrede von...
15.2.15 zur Rosenmontagsdemo Vo dr Claudi met em Kauboihut. Also...
Montagsdemo Tübingen - 14. Apr, 12:34

Suche

 

Status

Online seit 6374 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 21. Okt, 16:01

Credits


Beiträge
Hartz IV Tagebuch des Martin S.
Kontakt
Parolen
Reden zur Montagsdemo
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren